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Ästhetik des Asphalts - Ein Perspektivwechsel

Die Straße ist ein bislang wenig beachteter Schauplatz, obwohl sie für unser tägliches Leben eine außerordentlich wichtige Rolle spielt.

Der großformatige „StreetArt“-Bildband des Journalisten Andreas Buck zeigt uns auf ungewöhnliche Herangehensweise die künstlerische Auseinandersetzung mit dem urbanen Raum.

Er zeigt uns, wie sich Fotografien durch den Einsatz des Motivs der Straßenoberfläche in Kunst verwandeln, oder wie die Verwendung des Straßenmaterials zur Oberfläche mit sozialer und politischer Wertigkeit wird.


 

Das Pflaster selbst wird zur künstlerischen Arbeit, wir sehen plötzlich Schlaglöcher, Fahrbahnmarkierungen und Straßenbeläge mit völlig neuen Augen. Dinge, die wir in unseren alltäglichen Gängen nicht mehr wahrnehmen. Unsere Füße laufen darüber hinweg, auf dem Fahrrad stört uns höchstens der Riss in der Asphaltdecke und mit dem Auto müssen es schon größere Schlaglöcher sein, um uns unseres Dauerbegleiters, dem asphaltierten Untergrund, überhaupt bewußt zu werden.

 

Manchmal kämpft sich Grün durch den Teer, Moose und Gräser erinnern dann poetisch hartnäckig an andere Wegformen - weichere, sanftere, andere Seinsformen.

Manchmal „wächst“ ein Gegenstand ein, ein alter Bierdeckel, metallene Reste von alten Pfosten, Holzstücke - ganze Geschichten erzählt der Asphalt dem Betrachter mit Phantasie.

Strukturen ergeben sich aus parallelen Streifenbelägen auf dem Asphalt, Brüche darin gemahnen uns wiederum an alles Vergängliche auch hier. Strasse und Asphalt funktionieren eben nur ein Weilchen. Genau das Weilchen, in dem wir es pflegen.

 

Andreas Buck fängt diese Momente so poetisch wie präzise mit der Kamera ein, es geht ihm immer um den interessantesten Augenblick im Lebenszyklus eines Straßenbelags.

Goldene Lichtmomente kommen darin ebenso vor wie kraftvolle Abstraktion, hingeworfene Farbe, die wirkt wie schwarzweisse, monochrome Malerei auf Leinwand. Gleißend-glitzriges Wasser schimmert, und manches Storyboard entsteht durch die Begleitung einer Stelle über’s Jahr, es kommt Leben ins Schlagloch, oder es ist plötzlich weg, überteert, verpflastert, geflickt.

Kunst verhilft uns immer zum Perspektivwechsel - dieses Buch ist ein ebenso sanfter wie gewaltiger Augenöffner, der uns auffordert, während unserer nächsten Spaziergänge in der Vielfalt städtischer Straßen und Wege einmal in eine andere Welt zu schauen - nach unten.

Andreas Buck, StreetArt. 

Hardcover. 104 farb. S., 29x29cm. 

Buch&Bild Verlag www.schoerle.de, Nagold 2021.

Lim. Erstauflage. ISBN: 978 3926341150 

€79,50
www.lookatbuck/streetart

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Kommentare: 1
  • #1

    Andreas Buck (Dienstag, 16 November 2021 08:12)

    Kunst liegt im bekanntlich im Auge des Betrachters – aber auch unter dessen Füßen…

    Liebe Frau Jancke,
    es heißt, ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Nach Ihrer gelungenen Buchbesprechung sollte diese Redewendung dringend neu gedacht werden. Die Beschreibung meiner Arbeit und meiner Motivation rund um StreetArt ist Ihnen hervorragend gelungen. Sie trägt dazu bei, StreetArt als unterstützendes Werkzeug zur bewussten Wahrnehmung der schönen Dinge des Lebens zu begreifen. Das ist fantastisch!
    Herzlichen Dank